Da haben wir sie nun, die deutsche Kraftwerksstrategie [1]. Lange hat es gedauert, dafür ist es aber auch extrem schlecht geworden. Vier Pakete mit jeweils bis zu 2,5 GW Gaskraftwerken sollen ausgeschrieben werden. Als Bürger und Stromkunde kann man nur hoffen, dass sich keine Interessenten finden für die geplante Fehlinvestition ins energetische Abseits.
Wenn ein Phrasenschwein auf dem Tisch gestanden hätte, wäre die FDP wohl arm geworden bei der Formulierung dieses Plans zum Erhalt der fossilen Energiewirtschaft. Da ist man schon wieder ganz „technologieoffen“, also nicht ganz dicht. „Wasserstoff-Ready“ sollen die neuen Kraftwerke sein, also wenn Hogwarts pünktlich liefert. Zwischen 2035 und 2040 soll dann von Erdgas auf Wasserstoff gewechselt werden. Dabei wird auch die Festlegung auf grünen Wasserstoff aufgegeben, der blaue soll eine Chanche bekommen, damit das Erdgas nicht wertlos wird. Und die Krönung zum Schluss: Kernfusion soll baldmöglichst in die Planung mit einbezogen werden.
Da fehlen einem nicht die Worte, aber die netten.
Die Wasserstoff-Ready-Kraftwerke haben große Ähnlichkeiten mit Einhörnern: Tolle Idee, leider aber nicht real. Erdgas und Wasserstoff haben deutlich unterschiedliche Eigenschaften. Brenntemperatur und Energiedichte pro Volumen sind deutlich unterschiedlich. Eine Turbine, die beides benutzen kann, ist mindestens nicht effizient, weil viele Kompromisse beim Design der Brennkammern notwendig wären.
Grüner Wasserstoff ist ein sehr knappes Gut und wird zuerst für Anwendungen in der chemischen Industrie, Stahl, Zementherstellung und anderen Anwendungen benötigt, wo er stofflich eingesetzt wird. Energetische Anwendungen werden auf lange Sicht keinen grünen Wasserstoff zur Verfügung haben. Von den Kosten dafür ganz zu schweigen.
Ein großes Problem von Wasserstoff ist die Effizienz. Elektrolyse, Lagertank, Rückverstromung: Ein solcher Durchgang bedeutet, dass 2/3 des eingesetzten Stroms als Abwärme anfallen. Ob diese genutzt werden kann, ist meistens fraglich. Sicher ist jedenfalls, dass drei mal so viel Strom benötigt wird, wie später bestenfalls wieder raus kommt. Dafür müssen die Erneuerbaren Energie (EE)-Anlagen erst einmal gebaut werden. Und wenn so ein System im Regelbetrieb laufen soll, dann muss sichergestellt werden, dass genug Strom da ist, um den Wasserstoffspeicher zu füllen. Das Märchen vom überschüssigen Strom, mit dem man das macht, statt ihn zu vergeuden, funktioniert hier nicht, diese Strommenge muss gesichert zur Verfügung stehen.
Schlimmer wird es, wenn der Wasserstoff über größere Strecken herangeschafft werden soll. Bisher wird selten Wasserstoff über mehr als 100 km transportiert, weil dies hochgradig ineffizient ist. Bei jedem Umfüllen von Wasserstoff unter Druck muss ein höherer Druck aufgebaut werden, um den Wasserstoff in den Zieltank zu bringen. Bei den oft üblichen 700 Bar Tankdruck kostet so ein Umfüllvorgang ca. 10% des transportierten Energiegehalts. Und ein kg Wasserstoff hat dann immer noch 25 Liter Volumen.
Flüssiger Wasserstoff ist mit rund 14 Liter pro kg etwas kompakter, dafür kostet das Abkühlen aber 30% des Energiegehalts. Die Handhabung ist auch nicht einfach. Die niedrige Temperatur von -252°C sorgt für mehrere Probleme. So ist die Auswahl der Materialien, die bei dieser Temperatur noch einsetzbar sind, ziemlich gering. Flüssiger Wasserstoff passt auch durch kleinste Ritzen. Und dann benötigt der Transport als solcher auch noch Energie, wobei im Vergleich zu LNG pro Kubikmeter bei Wasserstoff nur etwa 1/3 der Energie transportiert wird.
Die Umwandlung in Methanol, Amoniak etc. kostet auch viel der enthaltenen Energie und bedarf vor dem Einsatz einer Rückumwandlung, damit nicht diverse unerwünschte Abgase entstehen. An Ende bedeutet das, dass noch sehr viel mehr EE aufgebaut werden müssen, weil da Gesamtsystem so ineffizent ist.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat kürzlich untersucht, von wo und zu welchen Kosten Deutschland Wasserstoff importieren könnte [2]. Das Ergebnis war ernüchternd. Auch nach einem Markthochlauf sind Kosten von mindestens 137 €/MWh zu erwarten. Wobei sich das auf die thermische Energie im Wasserstoff bezieht. Die kWh Strom wird sich daraus zu Brennstoffkosten nicht unter 22 ct erzeugen lassen, so dass diese Kraftwerke wohl kaum unter 40 ct/kWh an der Strombörse anbieten werden können. Und zu diesem Preis sollen dann nicht kurze Lastspitzen, sondern Versorgungslücken von kompletten Tagen bedient werden.
Da stellt sich die Frage, was soll das eigentlich? Es ist doch erstens ziemlich offensichtlich, dass mit weiteren Gaskraftwerken nicht die Abhängigkeiten von (nicht immer zuverlässigen) Lieferländern abgebaut werden können. Zweitens ist absehbar, dass die Kosten dafür komplett aus dem Ruder laufen. Damit handeln wir uns ein teures System ohne Versorungunssicherheit und bestenfalls zweifelhafter Wirkung für den Klimaschutz ein.
Die Erklärung, wer daran ein Interesse haben kann, findet sich darin, dass blauer Wasserstoff eingestezt werden soll. Also Wasserstoff der aus Erdgas gewonnen wird, wobei das freiwerdende CO2 eingelagert oder anderweitig verwendet werden soll. Diese Methode der Herstellung von Wasserstoff ist pures Greenwashing. Das CO2 wird voraussichtlich technisch eingesetzt und dann nur später freigesetzt (z.B. durch eFuels). Dazu kommt, dass so nur ein geringer Teil des Energiegehalts des Erdgases zum Einsatz kommt. Die Förderung von Erdgas verursacht aber selbst bereits signifikante Emissionen; wird daraus Wasserstoff hergestellt, müsste deutlich mehr gefördert werden.
Und wer hätte wohl ein Interesse daran, mehr Erdgas zu fördern? Natürlich die, die jetzt schon Erdgas fördern und deren Unternehmenswert daran hängt, dass ihre Erdgasvorkommen wertvoll sind. Würde kein oder deutlich weniger Erdgas benötigt, wäre das finanziell das Ende für diese Unternehmen.
Also herzlichen Glückwunsch liebe Bundesregierung, Ihr habt da einen prima Plan! So werden die Erdgasunternehmen gerettet und können noch auf viele Jahre weiter die Umwelt kaputt machen. Und ganz hervorragend gelöst ist die Umsetzung noch dazu, die ganze restliche Wirtschaft und die Bürger werden (wie immer) dafür zahlen, dass ein paar Unternehmen dicke Gewinne machen.
[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/02/20240205-einigung-zur-kraftwerksstrategie.html
[2] https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2023/fraunhofer_ise_studie_woher_deutschlands_importe_fuer_wasserstoff_und_power-to-x-produkte_kommen_koennten.html
Sehr viel schneller, billiger, sauberer und zuverlässiger als neue Gaskraftwerke zu bauen ist es, den Ausbau dezentraler Speicher voran zu treiben. Projekte in anderen Ländern zeigen, dass sich so eine sehr schnelle Dekarbonisierung der Stromversorgung bei hoher Zuverlässigkeit erreichen lässt. Die Batteriegroßspeicher z.B. in Hornsdale (Südaustralien) und Moss Landing (Kalifornien) sind bereits dabei, Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Netz zu verdrängen.
Auch in Deutschland gibt es solche Initiativen. Es sammeln sich mittlerweile die Projekte für Großbatterien im Bereich von mehreren 100 MWh bis einige GWh pro Projekt.
Leider sind wir noch nicht da, wo Kalifornien schon längst ist. Zuletzt ging dort eine 3 GWh Batterie ans Netz. Das wünschen wir uns auch für Deutschland.
„Denn sie wissen genau was sie tun“ ist eine Artikelreihe:
Teil 1: Fossil with a cause
Teil 2: Technologieoffen, oder nicht ganz dicht
Teil 3: Wasser-stoff-schaden
Teil 4: Spiel mir das Lied von der Grundlast
Da haben wir sie nun, die deutsche Kraftwerksstrategie [1]. Lange hat es gedauert, dafür ist es aber auch extrem schlecht geworden. Vier Pakete mit jeweils bis zu 2,5 GW Gaskraftwerken sollen ausgeschrieben werden. Als Bürger und Stromkunde kann man nur hoffen, dass sich keine Interessenten finden für die geplante Fehlinvestition ins energetische Abseits.
Wenn ein Phrasenschwein auf dem Tisch gestanden hätte, wäre die FDP wohl arm geworden bei der Formulierung dieses Plans zum Erhalt der fossilen Energiewirtschaft. Da ist man schon wieder ganz „technologieoffen“, also nicht ganz dicht. „Wasserstoff-Ready“ sollen die neuen Kraftwerke sein, also wenn Hogwarts pünktlich liefert. Zwischen 2035 und 2040 soll dann von Erdgas auf Wasserstoff gewechselt werden. Dabei wird auch die Festlegung auf grünen Wasserstoff aufgegeben, der blaue soll eine Chanche bekommen, damit das Erdgas nicht wertlos wird. Und die Krönung zum Schluss: Kernfusion soll baldmöglichst in die Planung mit einbezogen werden.
Da fehlen einem nicht die Worte, aber die netten.
Die Wasserstoff-Ready-Kraftwerke haben große Ähnlichkeiten mit Einhörnern: Tolle Idee, leider aber nicht real. Erdgas und Wasserstoff haben deutlich unterschiedliche Eigenschaften. Brenntemperatur und Energiedichte pro Volumen sind deutlich unterschiedlich. Eine Turbine, die beides benutzen kann, ist mindestens nicht effizient, weil viele Kompromisse beim Design der Brennkammern notwendig wären.
Grüner Wasserstoff ist ein sehr knappes Gut und wird zuerst für Anwendungen in der chemischen Industrie, Stahl, Zementherstellung und anderen Anwendungen benötigt, wo er stofflich eingesetzt wird. Energetische Anwendungen werden auf lange Sicht keinen grünen Wasserstoff zur Verfügung haben. Von den Kosten dafür ganz zu schweigen.
Ein großes Problem von Wasserstoff ist die Effizienz. Elektrolyse, Lagertank, Rückverstromung: Ein solcher Durchgang bedeutet, dass 2/3 des eingesetzten Stroms als Abwärme anfallen. Ob diese genutzt werden kann, ist meistens fraglich. Sicher ist jedenfalls, dass drei mal so viel Strom benötigt wird, wie später bestenfalls wieder raus kommt. Dafür müssen die Erneuerbaren Energie (EE)-Anlagen erst einmal gebaut werden. Und wenn so ein System im Regelbetrieb laufen soll, dann muss sichergestellt werden, dass genug Strom da ist, um den Wasserstoffspeicher zu füllen. Das Märchen vom überschüssigen Strom, mit dem man das macht, statt ihn zu vergeuden, funktioniert hier nicht, diese Strommenge muss gesichert zur Verfügung stehen.
Schlimmer wird es, wenn der Wasserstoff über größere Strecken herangeschafft werden soll. Bisher wird selten Wasserstoff über mehr als 100 km transportiert, weil dies hochgradig ineffizient ist. Bei jedem Umfüllen von Wasserstoff unter Druck muss ein höherer Druck aufgebaut werden, um den Wasserstoff in den Zieltank zu bringen. Bei den oft üblichen 700 Bar Tankdruck kostet so ein Umfüllvorgang ca. 10% des transportierten Energiegehalts. Und ein kg Wasserstoff hat dann immer noch 25 Liter Volumen.
Flüssiger Wasserstoff ist mit rund 14 Liter pro kg etwas kompakter, dafür kostet das Abkühlen aber 30% des Energiegehalts. Die Handhabung ist auch nicht einfach. Die niedrige Temperatur von -252°C sorgt für mehrere Probleme. So ist die Auswahl der Materialien, die bei dieser Temperatur noch einsetzbar sind, ziemlich gering. Flüssiger Wasserstoff passt auch durch kleinste Ritzen. Und dann benötigt der Transport als solcher auch noch Energie, wobei im Vergleich zu LNG pro Kubikmeter bei Wasserstoff nur etwa 1/3 der Energie transportiert wird.
Die Umwandlung in Methanol, Amoniak etc. kostet auch viel der enthaltenen Energie und bedarf vor dem Einsatz einer Rückumwandlung, damit nicht diverse unerwünschte Abgase entstehen. An Ende bedeutet das, dass noch sehr viel mehr EE aufgebaut werden müssen, weil da Gesamtsystem so ineffizent ist.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat kürzlich untersucht, von wo und zu welchen Kosten Deutschland Wasserstoff importieren könnte [2]. Das Ergebnis war ernüchternd. Auch nach einem Markthochlauf sind Kosten von mindestens 137 €/MWh zu erwarten. Wobei sich das auf die thermische Energie im Wasserstoff bezieht. Die kWh Strom wird sich daraus zu Brennstoffkosten nicht unter 22 ct erzeugen lassen, so dass diese Kraftwerke wohl kaum unter 40 ct/kWh an der Strombörse anbieten werden können. Und zu diesem Preis sollen dann nicht kurze Lastspitzen, sondern Versorgungslücken von kompletten Tagen bedient werden.
Da stellt sich die Frage, was soll das eigentlich? Es ist doch erstens ziemlich offensichtlich, dass mit weiteren Gaskraftwerken nicht die Abhängigkeiten von (nicht immer zuverlässigen) Lieferländern abgebaut werden können. Zweitens ist absehbar, dass die Kosten dafür komplett aus dem Ruder laufen. Damit handeln wir uns ein teures System ohne Versorungunssicherheit und bestenfalls zweifelhafter Wirkung für den Klimaschutz ein.
Die Erklärung, wer daran ein Interesse haben kann, findet sich darin, dass blauer Wasserstoff eingestezt werden soll. Also Wasserstoff der aus Erdgas gewonnen wird, wobei das freiwerdende CO2 eingelagert oder anderweitig verwendet werden soll. Diese Methode der Herstellung von Wasserstoff ist pures Greenwashing. Das CO2 wird voraussichtlich technisch eingesetzt und dann nur später freigesetzt (z.B. durch eFuels). Dazu kommt, dass so nur ein geringer Teil des Energiegehalts des Erdgases zum Einsatz kommt. Die Förderung von Erdgas verursacht aber selbst bereits signifikante Emissionen; wird daraus Wasserstoff hergestellt, müsste deutlich mehr gefördert werden.
Und wer hätte wohl ein Interesse daran, mehr Erdgas zu fördern? Natürlich die, die jetzt schon Erdgas fördern und deren Unternehmenswert daran hängt, dass ihre Erdgasvorkommen wertvoll sind. Würde kein oder deutlich weniger Erdgas benötigt, wäre das finanziell das Ende für diese Unternehmen.
Also herzlichen Glückwunsch liebe Bundesregierung, Ihr habt da einen prima Plan! So werden die Erdgasunternehmen gerettet und können noch auf viele Jahre weiter die Umwelt kaputt machen. Und ganz hervorragend gelöst ist die Umsetzung noch dazu, die ganze restliche Wirtschaft und die Bürger werden (wie immer) dafür zahlen, dass ein paar Unternehmen dicke Gewinne machen.
[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/02/20240205-einigung-zur-kraftwerksstrategie.html
[2] https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2023/fraunhofer_ise_studie_woher_deutschlands_importe_fuer_wasserstoff_und_power-to-x-produkte_kommen_koennten.html
„Denn sie wissen genau was sie tun“ ist eine Artikelreihe:
Teil 1: Fossil with a cause
Teil 2: Technologieoffen, oder nicht ganz dicht
Teil 3: Wasser-stoff-schaden
Teil 4: Spiel mir das Lied von der Grundlast