Mit dem Netzentwicklungsplan (NEP) gibt die Bundesnetzagentur (BNetzA) vor, wie Energienetze in Zukunft weiterentwickelt werden sollen. Der Netzentwicklungsplan wird vom Bundestag genehmigt und ist dann verbindlich.
Stromtrassen, die basierend auf dem NEP gebaut werden, erhalten dann 40 Jahre lang eine garantierte Rendite auf das investierte Eigenkapital und das unabhängig davon, ob diese Stromtrasse wirklich benötigt wird, oder ob für die Gesamtheit der Stromkunden ein positiver Effekt existiert.
Wir kritisieren seit Jahren, dass diese Planung ohne hinreichende Transparenz erfolgt. So wird beispielsweise nicht offengelegt, wodurch die im Szenariorahmen, der dem NEP zugrunde liegt, angenommenen Stromflüsse überhaupt verursacht werden. Vermutlich wird das meiste nicht für den Transport der tatsächlich benötigten Strommengen bereitgestellt. Denn wegen der Verordnung EU2019/943 [1] müssen 70% (!) der gesamten Übertragungsnetzkapazität für den europäischen Stromhandel zur Verfügung bereitgehalten werden.
Den aktuellen Szenariorahmen hatten wir bereits im letzten Jahr kritisiert [2]. Leider ist diese Kritik, die auch von anderen Seiten ähnlich geäußert wurde, ignoriert worden und so sieht der aktuell vorliegende Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom unter anderem vor, dass es zukünftig keine gesicherte Versorgung geben wird. Bei erwarteten 120 bis 150 GW Strombedarf sind nur ca. 60 GW an sicher abrufbaren Erzeugungskapazitäten vorgesehen und diese basieren größtenteils auch noch auf Gaskraftwerken. Speicherkapazitäten sind viel zu gering geplant, so dass die Speicherreserven nach wenigen Stunden erschöpft wären, wenn es zu einer längeren Unterversorgung mit EE kommt.
Zum vorliegenden zweiten Entwurf des NEP Strom 2023-2037/2045 hat die Piratenpartei Deutschland offiziell Stellung genommen. Kurz zusammengefasst halten wir nicht nur den Netzentwicklungsplan für untauglich, sondern die grundsätzliche Vorgehensweise für falsch. Die Planung erfolgt größtenteils durch die Übertragungsnetzbetreiber, die von großzügigem, wenn auch unnötigem Ausbau der Übertragungsnetze profitieren. Hier planen die Frösche, wie groß der Sumpf werden soll.
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0943&from=DE
[2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/02/14/stellungnahme-zum-szenariorahmen-zum-netzentwicklungsplan/
Nachfolgend die Stellungnahme im Originaltext, die am 18.11.2023 an die BNetzA eingereicht wurde.
Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan – NEP Strom 2023-2037/2045
Die Piratenpartei Deutschland nimmt hiermit Stellung zum zweiten Entwurf des NEP Strom 2037 mit Ausblick 2045.
Bereits im Februar 2022 hatten wir den Szenariorahmen kritisiert, der dem vorliegenden Entwurf zugrunde liegt. Diese Kritik wurde in keiner Weise berücksichtigt. [1]
Das Zahlenwerk, das die Basis für den Netzentwicklungsplan darstellt, ist nicht stimmig. Es wird realistischerweise von einem zukünftigen Leistungsbedarf von 120-150 GW ausgegangen. Dem stehen aber nur abrufbare Kapazitäten von ca. 60 GW gegenüber. Zusätzlich sind zwar noch Speicher vorgesehen, allerdings in so geringem Umfang, dass sie bei einer Strommangellage nach wenigen Stunden erschöpft wären.
Als abrufbare Kapazitäten sind hauptsächlich 34,6 GW an Gaskraftwerken vorgesehen, die als sogenannte „Wasserstoff-Ready“-Kraftwerke gebaut werden sollen. Tatsächlich müssten aber etwa drei mal so viel Kapazität an Gaskraftwerken gebaut werden, wobei sich nicht nur die Frage stellt, wer diese errichten sollte, sondern auch, wie man mit einem Kraftwerkstyp planen kann, der so nicht existiert. Es ist bisher nur eine Versuchsanlage zum Betrieb mit Wasserstoff im Bau. Anlagen, die wahlweise Methan oder Wasserstoff nutzen können, gibt es noch nicht.
Dazu kommt, dass die Stromerzeugung aus Gas die hohen Schwankungen beim Strompreis verursacht hat und Abhängigkeiten von ausländischen Lieferanten verschärft.
Nicht nachvollziehbar ist, warum die Planung davon ausgeht, den Strom über möglichst große Strecken zu transportieren. Dies ist unwirtschaftlich und technisch auch nicht sinnvoll. Erneuerbare Energien (EE) können praktisch überall lokal gewonnen werden. Die Unterschiede bei den Gestehungskosten in verschiedenen Regionen sind dabei absehbar kleiner als die Kosten für den geplanten Zubau an Stromtrassen.
Der erste Entwurf der NEP2023 sah noch einen Investitionsbedarf von 250 Mrd € vor, im zweiten Entwurf sind bereits 12,5 Mrd € dazu gekommen. Es ist also von einer weiteren rasanten Kostensteigerung auszugehen. Aber bereits mit den 262,5 Mrd € ergeben sich, basierend auf den aktuell garantierten 6,91 % Rendite, jährliche Mehrkosten bei den Netzentgelten von 18,14 Mrd € und das nur für die Finanzierung der Rendite der Netzbetreiber – der eigentliche Netzbetrieb kommt noch hinzu. Basierend auf der aktuellen Strommenge wären das 3,6 ct/kWh, was z.B. den Kosten für die wesentlich sinnvollere Speicherung in Großbatterien entspräche, allerdings wären dies bei den Speichern die kompletten Kosten und nicht nur die Rendite.
Mit einer zeitnahen Fertigstellung der geplanten Trassen ist nicht zu rechnen, so dass eine positive Wirkung auf das Stromnetz ohnehin nicht in absehbarer Zeit zu erwarten wäre. Auch bei einer schnellen Fertigstellung würde sich keine Entlastung im Bereich der tatsächlichen Probleme ergeben. Hauptsächliche Engpässe bestehen nicht darin, Strom von Norwegen nach Italien zu transportieren, sondern EE-Anlagen lokal anzuschließen und zu ermöglichen, dass der Strom lokal verteilt werden kann.
Ebenfalls nicht verständlich ist, warum an keiner Stelle des NEP die Rolle der Verordnung EU2019/943 angesprochen wird. Durch diese Verordnung ist vorgeschrieben, dass völlig unakzeptable 70% der Übertragungsnetzkapazität für den Stromhandel zur Verfügung stehen müssen. Diese ist scheinbar auf merkwürdigen Wegen in den NEP mit eingeflossen, ohne dass sie explizit benannt wird.
Zusammenfassend können wir den vorliegenden Entwurf des Netzentwicklungsplans nur komplett ablehnen. Er basiert auf Zahlen, die nicht schlüssig sind, verursacht völlig unverhältnismäßige Kosten, reduziert die Versorgungssicherheit und löst keines der tatsächlichen Probleme.
Die grundlegende Herangehensweise ist nicht mehr zeitgemäß. Wir haben kein Netz mehr, in dem wenige zentrale Erzeuger Strom liefern, der an viele Verbraucher verteilt wird. Eine Planung von der Übertragungsnetzebene ausgehend ist grundlegend falsch für das Problem, vor dem wir stehen. Es muss von der unteren Netzebene nach oben geplant werden und nicht umgekehrt.
[1] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/02/14/stellungnahme-zum-szenariorahmen-zum-netzentwicklungsplan/
Mit dem Netzentwicklungsplan (NEP) gibt die Bundesnetzagentur (BNetzA) vor, wie Energienetze in Zukunft weiterentwickelt werden sollen. Der Netzentwicklungsplan wird vom Bundestag genehmigt und ist dann verbindlich.
Stromtrassen, die basierend auf dem NEP gebaut werden, erhalten dann 40 Jahre lang eine garantierte Rendite auf das investierte Eigenkapital und das unabhängig davon, ob diese Stromtrasse wirklich benötigt wird, oder ob für die Gesamtheit der Stromkunden ein positiver Effekt existiert.
Wir kritisieren seit Jahren, dass diese Planung ohne hinreichende Transparenz erfolgt. So wird beispielsweise nicht offengelegt, wodurch die im Szenariorahmen, der dem NEP zugrunde liegt, angenommenen Stromflüsse überhaupt verursacht werden. Vermutlich wird das meiste nicht für den Transport der tatsächlich benötigten Strommengen bereitgestellt. Denn wegen der Verordnung EU2019/943 [1] müssen 70% (!) der gesamten Übertragungsnetzkapazität für den europäischen Stromhandel zur Verfügung bereitgehalten werden.
Den aktuellen Szenariorahmen hatten wir bereits im letzten Jahr kritisiert [2]. Leider ist diese Kritik, die auch von anderen Seiten ähnlich geäußert wurde, ignoriert worden und so sieht der aktuell vorliegende Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom unter anderem vor, dass es zukünftig keine gesicherte Versorgung geben wird. Bei erwarteten 120 bis 150 GW Strombedarf sind nur ca. 60 GW an sicher abrufbaren Erzeugungskapazitäten vorgesehen und diese basieren größtenteils auch noch auf Gaskraftwerken. Speicherkapazitäten sind viel zu gering geplant, so dass die Speicherreserven nach wenigen Stunden erschöpft wären, wenn es zu einer längeren Unterversorgung mit EE kommt.
Zum vorliegenden zweiten Entwurf des NEP Strom 2023-2037/2045 hat die Piratenpartei Deutschland offiziell Stellung genommen. Kurz zusammengefasst halten wir nicht nur den Netzentwicklungsplan für untauglich, sondern die grundsätzliche Vorgehensweise für falsch. Die Planung erfolgt größtenteils durch die Übertragungsnetzbetreiber, die von großzügigem, wenn auch unnötigem Ausbau der Übertragungsnetze profitieren. Hier planen die Frösche, wie groß der Sumpf werden soll.
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0943&from=DE
[2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/02/14/stellungnahme-zum-szenariorahmen-zum-netzentwicklungsplan/
Nachfolgend die Stellungnahme im Originaltext, die am 18.11.2023 an die BNetzA eingereicht wurde.
Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan – NEP Strom 2023-2037/2045
Die Piratenpartei Deutschland nimmt hiermit Stellung zum zweiten Entwurf des NEP Strom 2037 mit Ausblick 2045.
Bereits im Februar 2022 hatten wir den Szenariorahmen kritisiert, der dem vorliegenden Entwurf zugrunde liegt. Diese Kritik wurde in keiner Weise berücksichtigt. [1]
Das Zahlenwerk, das die Basis für den Netzentwicklungsplan darstellt, ist nicht stimmig. Es wird realistischerweise von einem zukünftigen Leistungsbedarf von 120-150 GW ausgegangen. Dem stehen aber nur abrufbare Kapazitäten von ca. 60 GW gegenüber. Zusätzlich sind zwar noch Speicher vorgesehen, allerdings in so geringem Umfang, dass sie bei einer Strommangellage nach wenigen Stunden erschöpft wären.
Als abrufbare Kapazitäten sind hauptsächlich 34,6 GW an Gaskraftwerken vorgesehen, die als sogenannte „Wasserstoff-Ready“-Kraftwerke gebaut werden sollen. Tatsächlich müssten aber etwa drei mal so viel Kapazität an Gaskraftwerken gebaut werden, wobei sich nicht nur die Frage stellt, wer diese errichten sollte, sondern auch, wie man mit einem Kraftwerkstyp planen kann, der so nicht existiert. Es ist bisher nur eine Versuchsanlage zum Betrieb mit Wasserstoff im Bau. Anlagen, die wahlweise Methan oder Wasserstoff nutzen können, gibt es noch nicht.
Dazu kommt, dass die Stromerzeugung aus Gas die hohen Schwankungen beim Strompreis verursacht hat und Abhängigkeiten von ausländischen Lieferanten verschärft.
Nicht nachvollziehbar ist, warum die Planung davon ausgeht, den Strom über möglichst große Strecken zu transportieren. Dies ist unwirtschaftlich und technisch auch nicht sinnvoll. Erneuerbare Energien (EE) können praktisch überall lokal gewonnen werden. Die Unterschiede bei den Gestehungskosten in verschiedenen Regionen sind dabei absehbar kleiner als die Kosten für den geplanten Zubau an Stromtrassen.
Der erste Entwurf der NEP2023 sah noch einen Investitionsbedarf von 250 Mrd € vor, im zweiten Entwurf sind bereits 12,5 Mrd € dazu gekommen. Es ist also von einer weiteren rasanten Kostensteigerung auszugehen. Aber bereits mit den 262,5 Mrd € ergeben sich, basierend auf den aktuell garantierten 6,91 % Rendite, jährliche Mehrkosten bei den Netzentgelten von 18,14 Mrd € und das nur für die Finanzierung der Rendite der Netzbetreiber – der eigentliche Netzbetrieb kommt noch hinzu. Basierend auf der aktuellen Strommenge wären das 3,6 ct/kWh, was z.B. den Kosten für die wesentlich sinnvollere Speicherung in Großbatterien entspräche, allerdings wären dies bei den Speichern die kompletten Kosten und nicht nur die Rendite.
Mit einer zeitnahen Fertigstellung der geplanten Trassen ist nicht zu rechnen, so dass eine positive Wirkung auf das Stromnetz ohnehin nicht in absehbarer Zeit zu erwarten wäre. Auch bei einer schnellen Fertigstellung würde sich keine Entlastung im Bereich der tatsächlichen Probleme ergeben. Hauptsächliche Engpässe bestehen nicht darin, Strom von Norwegen nach Italien zu transportieren, sondern EE-Anlagen lokal anzuschließen und zu ermöglichen, dass der Strom lokal verteilt werden kann.
Ebenfalls nicht verständlich ist, warum an keiner Stelle des NEP die Rolle der Verordnung EU2019/943 angesprochen wird. Durch diese Verordnung ist vorgeschrieben, dass völlig unakzeptable 70% der Übertragungsnetzkapazität für den Stromhandel zur Verfügung stehen müssen. Diese ist scheinbar auf merkwürdigen Wegen in den NEP mit eingeflossen, ohne dass sie explizit benannt wird.
Zusammenfassend können wir den vorliegenden Entwurf des Netzentwicklungsplans nur komplett ablehnen. Er basiert auf Zahlen, die nicht schlüssig sind, verursacht völlig unverhältnismäßige Kosten, reduziert die Versorgungssicherheit und löst keines der tatsächlichen Probleme.
Die grundlegende Herangehensweise ist nicht mehr zeitgemäß. Wir haben kein Netz mehr, in dem wenige zentrale Erzeuger Strom liefern, der an viele Verbraucher verteilt wird. Eine Planung von der Übertragungsnetzebene ausgehend ist grundlegend falsch für das Problem, vor dem wir stehen. Es muss von der unteren Netzebene nach oben geplant werden und nicht umgekehrt.
[1] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/02/14/stellungnahme-zum-szenariorahmen-zum-netzentwicklungsplan/