Allgemein Energiewende

Wirtschaftssabotage

Bundeswirtschaftsministerin Reiche und Bundesnetzagenturchef Müller haben mit dem Bericht zur Versorgungssicherheit Strom [1] eine Bewerbung für ihre fristlose Kündigung veröffentlicht. Der Bericht geht in der Qualität und der Zukunftsfähigkeit noch deutlich hinter den unterirdischen Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan [2] zurück.

Ganz offensichtlich handelt es sich dabei um keinen Plan für die Sicherung der Energieversorgung Deutschlands, sondern um den Wunschzettel der Gasindustrie. Statt der bisher immer angeführten 20 GW (Gigawatt) neuer Gaskraftwerke, sollen sogar bis zu 36 GW gebaut werden. Dabei ist man dann so ungeschickt beim Erzählen des Gasmärchens, dass die Zahlen nicht ein mal grob zusammen passen.

Wie schon im Szenariorahmen sind die vorgesehenen abrufbaren Kapazitäten nicht in der Lage den zu erwartenden Bedarf zu decken, wenn ein Großteil der Erzeugung aus Erneuerbaren aufgrund einer Wetterlage ausfällt. Die Differenz soll dann per Import gedeckt werden. Also Versorgungssicherheit ist nicht mehr wichtig, das sollen andere machen.

Wurden schon im Szenariorahmen unrealistisch geringe Annahmen für Batteriespeicher gemacht (119 GW in 2045), so wird es im Bericht zur Versorgungssicherheit komplett lächerlich. Da wird nur noch von 2 GW an Großspeichern ausgegangen, die keinen Zuwachs haben und Heimspeicher sollen 2033 bei 17,6 GW ankommen.

Tatsächlich sind jetzt schon 2,9 GWh (Gigawattstunden) an Großspeichern in Betrieb [3]. Der Bereich boomt momentan, bei den Netzbetreibern liegen Anschlussanfragen für rund 500 GW Batteriespeicher vor [4], einige Dutzend GW sind bereits genehmigt und werden in den nächsten 12-24 Monaten online gehen. Bei den Heimspeichern sind heute schon 17,3 GWh online, also in ein paar Wochen haben wir dann 2033?

Können wir von unseren Bundesministern erwarten, dass sie sich wenigstens Mühe geben, wenn sie uns schon dreist anlügen?

Auch sehr spannend ist, dass für die Berechnung der notwendigen Residuallast das Jahr 2002 verwendet wird, weil es für den Zeitraum 1998 bis 2017 das „durchschnittlichste“ ist. In Anbetracht der Klimawandels sollte man vielleicht doch das Jahr mit den schlechtesten Zahlen nehmen, irgendwo stand in der Überschrift ja „Versorgungssicherheit“. Überhaupt findet der Klimawandel keine Berücksichtigung, dabei ist z.B. die Verfügbarkeit von ausreichend Wasser ausschlaggebend dafür, ob man thermische Kraftwerke betreiben kann.

Das gesamte Machwerk, einen Bericht kann man es nicht nennen, da es schamlos Zahlen erfindet die dann nicht einmal in der Summe passen, ist eine einzige Lüge zur Begründung Gaskraftwerke zu bauen. Also exakt die Sorte Kraftwerke, die unsere Strompreise durch die Decke treibt und uns in ungesunde Abhängigkeiten von unberechenbaren Lieferländern bringt.

Die Konsequenzen werden sein, dass wir die Klimaziele krachend verfehlen und dafür Strafe zahlen müssen. Die Energiekosten werden ganz neue Höhen erklimmen. Von Versorgungssicherheit können wir uns verabschieden. Und als Wirtschaftsstandort haben wir uns dann erledigt.

Wieder mal verfehlt die Bundesnetzagentur unter Müller ihre Aufgabe, denn nach Europarecht darf sie nicht an politische Weisungen gebunden handeln und auch nicht einzelne Wirtschaftsinteressen vertreten, sondern muss Lösungen finden, die für die Verbraucher von Vorteil sind. Verbraucher sind in diesem Fall die Bürger und der Großteil der Wirtschaft, nämlich alle, die Energie benötigen und nicht damit ihr Geld verdienen.

Das Bundeswirtschaftsministerium unter Reiche agiert, wie zu befürchten war, als verlängerter Arm der Gaswirtschaft. Das geht gegen die Interessen aller die nicht ihr Geld mit Gas verdienen.

Es kann nur eine sinnvolle Konsequenz geben: Beide raus schmeißen, fristlos. Und dann ein klarer Kurswechsel. Sonst droht immenser Schaden für das ganze Land.

Anmerkung:
Frau Reiche war parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium unter Peter Altmaier [5] und hat den Einbruch der PV in Deutschland mit zu verantworten, was unsere Abhängigkeit von russischem Gas und anderen fossilen Energiequellen verstärkt hat und damit die Versorgungssicherheit gefährdet.

[1] https://www.bundeswirtschaftsministerium.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/versorgungssicherheit-strom-bericht-2025

[2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2024/10/07/antwort-piratenpartei-zum-szenariorahmen-fuer-den-netzentwicklungsplan/

[3] https://battery-charts.de/de/home-de/

[4] https://www.regelleistung-online.de/ueber-500-gw-an-netzanschlussanfragen-fuer-batteriespeicher/

[5] https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2012/38115604_kw10_de_solar-207986

 

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Flaschenpost