Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat ihre Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 2025-2037/2045 Strom, sowie Gas und Wasserstoff zur öffentlichen Konsultation gestellt. Die Piratenpartei hat an der Konsultation teilgenommen und Ihre Kritik bei der BNetzA eingereicht.
Worum geht es?
- Der Szenariorahmen zum Netzentwicklungsplan Strom 2037/2045, Version 2025, beschreibt die zukünftigen Entwicklungen des Stromnetzes in Deutschland unter Berücksichtigung der Ziele der Treibhausgasneutralität bis 2045.
- Die Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW erarbeiten in diesem Rahmen Szenarien für die Jahre 2037 und 2045, die mögliche Entwicklungen der Stromversorgung und die daraus resultierenden Netzanforderungen abbilden.
- Im Fokus stehen dabei der Ausbau erneuerbarer Energien, die Integration von Wasserstofftechnologien und die stärkere Kopplung der Sektoren Strom, Gas und Wasserstoff. Der Rahmen berücksichtigt verschiedene Unsicherheiten in der Entwicklung, wie unterschiedliche Elektrifizierungsgrade, Wasserstoffbedarf und -importe sowie die Flexibilisierung des Energiesystems.
- Der Szenariorahmen bildet die Grundlage für den Netzentwicklungsplan (NEP) und soll sicherstellen, dass die Infrastruktur des Übertragungsnetzes den zukünftigen Anforderungen gerecht wird.
In unserer Kritik haben wir die verschiedenen Punkte angesprochen, die schon bei der Szenarioanalyse falsch sind, als auch die daraus resultierenden angedachten Maßnahmen unter die Lupe genommen.
Unsere Antwort an die BNetzA
Nach Beratung u.a. in der AG Energiepolitik hat die Piratenpartei Deutschland am 29. September 2024 folgende Antwort an die BNetzA gesendet:
Die Piratenpartei Deutschland sieht den vorliegenden Szenariorahmen für die Entwicklung des nächsten Netzentwicklungsplans als grundlegend fehlerhaft an. Auf dieser Basis kann nicht geplant werden, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden und die Energiekosten massiv in die Höhe zu treiben.
Im Mittel wird bis 2045 eine Verdoppelung des Strombedarfs angenommen (eine Einschätzung, welche wir teilen, bzw. sogar noch etwas höheren Bedarf sehen). Dementsprechend ist mit einem Anstieg der Spitzenlast zu rechnen, die aber nicht durch die geplanten abrufbaren Erzeuger gedeckt wird.
Batteriespeicher sind mit unrealistisch niedrigen Zahlen angesetzt.
Die maximal angenommenen 119 GW Batteriespeicher bis 2045 werden wahrscheinlich schon 2030 erreicht werden, da sich der Zubau aktuell auf einer exponentiellen Kurve nach oben bewegt.
Insbesondere in Kombination mit der unterdimensionierten Auslegung der abrufbaren Erzeuger, ist diese unzureichende Planung von Speichern problematisch. Bei dem angegebenen Faktor von 2,5 zwischen Leistung und Kapazität wären die Speicher bei einer Dunkelflaute in wenigen Stunden leer.
Keines der Szenarios kommt ohne massiven Einsatz von Erdgas oder Wasserstoff aus.
Beides sind keine Optionen, die eine Versorgungssicherheit ermöglichen, wie wir in der jüngsten Vergangenheit eigentlich gelernt haben sollten. Für die geplanten massiven Importe von Wasserstoff gibt es keine belastbaren Pläne, von woher diese kommen sollen und wie abgesichert werden soll, dass dadurch nicht die Energiekosten explodieren.
Weiterhin ist immer noch ein massiver Ausbau der Übertragungsnetze geplant, der nicht notwendig wäre, wenn die Erzeugung von Erneuerbaren in der Fläche besser verteilt werden würde. Die Übertragungsnetze lösen auch nicht das Problem Reservekapazität oder besser Speicher bereit zu halten, um die Erzeugungslücken der Erneuerbaren zu füllen. Die Vorstellung, dazu Strom durch ganz Europa zu verschieben, ist komplett unrealistisch, da dies aufgrund der hohen Kosten für die Leitungen unwirtschaftlich und der Zeitaufwand für die Umsetzung viel zu lang ist.
Gleiches gilt für die Vorstellung, Wasserstoff über große Strecken zu transportieren. Wasserstoff ist aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften schlecht zu transportieren, deshalb wird er bisher nahe oder direkt am Verbrauchsort erzeugt. Daher ist der Aufbau eines Wasserstoffnetzes in Frage zu stellen. Der Transport in anderer chemischer Form, bspw. Ammoniak, kostet zu viel Energie und erhöht damit die Kosten noch mehr.
Für die Auslegung des Wasserstoffkernnetzes liegen keine Belege für den tatsächlichen Bedarf vor (laut BNetzA sind die spärlich vorhandenen Daten geheim, da sie Geschäftsgeheimnisse enthalten). Da es abgesehen von der chemischen Industrie auch kaum Anwendungen gibt, in denen Wasserstoff sinnvoll einzusetzen ist, dürfte die Zahl der tatsächlichen Nutzer gering ausfallen. Wasserstoffkraftwerke sind aufgrund der Kosten und der Versorgungssicherheit keine Perspektive.
Da es sich bei dem Aufbau des Wasserstoffkernnetzes um eine Infrastrukturmaßnahme mit Folgen für mehrere Jahrzehnte handelt, für die es zudem bereits von der Bundesregierung eine Zusage für den Kostenausgleich des Betriebs bis 2055 gibt, sind hier vage Angaben, die sich nicht verifizieren lassen, weil sie nicht öffentlich sind, keine ausreichende Grundlage dafür, dieses zu legitimieren.
Bei der öffentlichen Online-Konsultation am 16.9.2024 wurde seitens der BNetzA geäußert, dass man entsprechend der Vorgaben der Bundesregierung handele. Dies ist eine eklatante Abweichung von der durch Europarecht definierten Aufgabe der BNetzA, die als Netzregulierungsbehörde unabhängig von politischen Weisungen zu arbeiten hat und die Belange der Verbraucher schützen muss. Verbraucher sind in diesem Kontext alle Bürger sowie die gesamte Wirtschaft abgesehen von der Energiewirtschaft.
Mit dem vorliegenden Szenariorahmen werden aber nur die Belange der Übertragungsnetzbetreiber und Energieversorger berücksichtigt. Es wäre Aufgabe der BNetzA, diese Planung darauf zu prüfen, ob sie im Sinne der Verbraucher sinnvoll ist. Dies ist offensichtlich nicht erfolgt, da weder Versorgungssicherheit, noch Kosten und auch nicht die Umsetzbarkeit sorgfältig analysiert wurden.
Der EuGH hat mit Urteil von 2021 vorgegeben, dass die Unabhängigkeit der BNetzA verbessert werden muss, das ist offensichtlich nach wie vor nicht in ausreichendem Umfang geschehen.
Unser Fazit ist, dass der vorliegende Szenariorahmen komplett untauglich ist, um eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung für Deutschland zu gewährleisten und es Aufgabe der BNetzA wäre, der Bundesregierung Vorschläge zu machen, wie deren Planung mit diesen Zielen besser in Einklang gebracht werden kann. Dazu gehört, dass die Pläne für neue Gaskraftwerke fallen gelassen werden, die Idee „Wasserstoff für alles“ auf realistische Anwendungen fokussiert und der Ausbau von dezentralen Speichern forciert wird.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat ihre Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 2025-2037/2045 Strom, sowie Gas und Wasserstoff zur öffentlichen Konsultation gestellt. Die Piratenpartei hat an der Konsultation teilgenommen und Ihre Kritik bei der BNetzA eingereicht.
Worum geht es?
In unserer Kritik haben wir die verschiedenen Punkte angesprochen, die schon bei der Szenarioanalyse falsch sind, als auch die daraus resultierenden angedachten Maßnahmen unter die Lupe genommen.
Unsere Antwort an die BNetzA
Nach Beratung u.a. in der AG Energiepolitik hat die Piratenpartei Deutschland am 29. September 2024 folgende Antwort an die BNetzA gesendet:
Die Piratenpartei Deutschland sieht den vorliegenden Szenariorahmen für die Entwicklung des nächsten Netzentwicklungsplans als grundlegend fehlerhaft an. Auf dieser Basis kann nicht geplant werden, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden und die Energiekosten massiv in die Höhe zu treiben.
Im Mittel wird bis 2045 eine Verdoppelung des Strombedarfs angenommen (eine Einschätzung, welche wir teilen, bzw. sogar noch etwas höheren Bedarf sehen). Dementsprechend ist mit einem Anstieg der Spitzenlast zu rechnen, die aber nicht durch die geplanten abrufbaren Erzeuger gedeckt wird.
Batteriespeicher sind mit unrealistisch niedrigen Zahlen angesetzt.
Die maximal angenommenen 119 GW Batteriespeicher bis 2045 werden wahrscheinlich schon 2030 erreicht werden, da sich der Zubau aktuell auf einer exponentiellen Kurve nach oben bewegt.
Insbesondere in Kombination mit der unterdimensionierten Auslegung der abrufbaren Erzeuger, ist diese unzureichende Planung von Speichern problematisch. Bei dem angegebenen Faktor von 2,5 zwischen Leistung und Kapazität wären die Speicher bei einer Dunkelflaute in wenigen Stunden leer.
Keines der Szenarios kommt ohne massiven Einsatz von Erdgas oder Wasserstoff aus.
Beides sind keine Optionen, die eine Versorgungssicherheit ermöglichen, wie wir in der jüngsten Vergangenheit eigentlich gelernt haben sollten. Für die geplanten massiven Importe von Wasserstoff gibt es keine belastbaren Pläne, von woher diese kommen sollen und wie abgesichert werden soll, dass dadurch nicht die Energiekosten explodieren.
Weiterhin ist immer noch ein massiver Ausbau der Übertragungsnetze geplant, der nicht notwendig wäre, wenn die Erzeugung von Erneuerbaren in der Fläche besser verteilt werden würde. Die Übertragungsnetze lösen auch nicht das Problem Reservekapazität oder besser Speicher bereit zu halten, um die Erzeugungslücken der Erneuerbaren zu füllen. Die Vorstellung, dazu Strom durch ganz Europa zu verschieben, ist komplett unrealistisch, da dies aufgrund der hohen Kosten für die Leitungen unwirtschaftlich und der Zeitaufwand für die Umsetzung viel zu lang ist.
Gleiches gilt für die Vorstellung, Wasserstoff über große Strecken zu transportieren. Wasserstoff ist aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften schlecht zu transportieren, deshalb wird er bisher nahe oder direkt am Verbrauchsort erzeugt. Daher ist der Aufbau eines Wasserstoffnetzes in Frage zu stellen. Der Transport in anderer chemischer Form, bspw. Ammoniak, kostet zu viel Energie und erhöht damit die Kosten noch mehr.
Für die Auslegung des Wasserstoffkernnetzes liegen keine Belege für den tatsächlichen Bedarf vor (laut BNetzA sind die spärlich vorhandenen Daten geheim, da sie Geschäftsgeheimnisse enthalten). Da es abgesehen von der chemischen Industrie auch kaum Anwendungen gibt, in denen Wasserstoff sinnvoll einzusetzen ist, dürfte die Zahl der tatsächlichen Nutzer gering ausfallen. Wasserstoffkraftwerke sind aufgrund der Kosten und der Versorgungssicherheit keine Perspektive.
Da es sich bei dem Aufbau des Wasserstoffkernnetzes um eine Infrastrukturmaßnahme mit Folgen für mehrere Jahrzehnte handelt, für die es zudem bereits von der Bundesregierung eine Zusage für den Kostenausgleich des Betriebs bis 2055 gibt, sind hier vage Angaben, die sich nicht verifizieren lassen, weil sie nicht öffentlich sind, keine ausreichende Grundlage dafür, dieses zu legitimieren.
Bei der öffentlichen Online-Konsultation am 16.9.2024 wurde seitens der BNetzA geäußert, dass man entsprechend der Vorgaben der Bundesregierung handele. Dies ist eine eklatante Abweichung von der durch Europarecht definierten Aufgabe der BNetzA, die als Netzregulierungsbehörde unabhängig von politischen Weisungen zu arbeiten hat und die Belange der Verbraucher schützen muss. Verbraucher sind in diesem Kontext alle Bürger sowie die gesamte Wirtschaft abgesehen von der Energiewirtschaft.
Mit dem vorliegenden Szenariorahmen werden aber nur die Belange der Übertragungsnetzbetreiber und Energieversorger berücksichtigt. Es wäre Aufgabe der BNetzA, diese Planung darauf zu prüfen, ob sie im Sinne der Verbraucher sinnvoll ist. Dies ist offensichtlich nicht erfolgt, da weder Versorgungssicherheit, noch Kosten und auch nicht die Umsetzbarkeit sorgfältig analysiert wurden.
Der EuGH hat mit Urteil von 2021 vorgegeben, dass die Unabhängigkeit der BNetzA verbessert werden muss, das ist offensichtlich nach wie vor nicht in ausreichendem Umfang geschehen.
Unser Fazit ist, dass der vorliegende Szenariorahmen komplett untauglich ist, um eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung für Deutschland zu gewährleisten und es Aufgabe der BNetzA wäre, der Bundesregierung Vorschläge zu machen, wie deren Planung mit diesen Zielen besser in Einklang gebracht werden kann. Dazu gehört, dass die Pläne für neue Gaskraftwerke fallen gelassen werden, die Idee „Wasserstoff für alles“ auf realistische Anwendungen fokussiert und der Ausbau von dezentralen Speichern forciert wird.